HAFTUNG DES GMBH-GESCHÄFTSFÜHRERS

  • 28.03.2025
  • Thomas Kost
  • Lesezeit: ca. 5 min
  • Thema:

Haftung des GmbH-Geschäftsführers: Innenhaftung, Außenhaftung und Strategien zur Risikominimierung Einleitung

Die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) haben die anspruchsvolle Aufgabe, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen, unternehmerische Entscheidungen zu treffen und müssen dabei zwangsläufig Risiken einzugehen. Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers ist ein zentrales Thema im Gesellschaftsrecht und hat eine erhebliche praktische Relevanz. Die Geschäftsführer tragen eine weitreichende Verantwortung und müssen stets die Interessen der Gesellschaft und ihrer Gläubiger im Blick behalten.

 

In diesem Beitrag wird ein detaillierter Überblick über die Haftung des GmbH-Geschäftsführers gegeben. Es wird sowohl das Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft als auch das Außenverhältnis gegenüber Dritten beleuchtet. Zudem werden Wege aufgezeigt, wie das Haftungsrisiko minimiert werden kann. Ziel dieses Beitrags ist es, Geschäftsführern ein besseres Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen zu vermitteln und praktische Tipps zu geben, um ihre Haftung zu begrenzen und sicherzustellen, dass sie ihre Aufgaben verantwortungsvoll und rechtssicher erfüllen.

Innenhaftung des GmbH-Geschäftsführers

Die Innenhaftung des GmbH-Geschäftsführers bezieht sich auf Schadensersatzansprüche, die aus dem Innenverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer entstehen können. Die Geltendmachung dieser Ansprüche kann durch verschiedene Akteure innerhalb der Gesellschaft erfolgen:

Dies sind:

  • Gesellschafter, die aufgrund von Unzufriedenheit mit der Geschäftsführung eine Enttäuschung verspüren und den Geschäftsführer als inkompetent betrachten,
  • Minderheitsgesellschafter, die zwar nicht in der Lage sind, den von der Mehrheit gestützten Geschäftsführer zu entfernen, jedoch nach Möglichkeiten suchen, Schadensersatzansprüche der GmbH gegen diesen durchzusetzen,
  • Erwerber der GmbH, die mit der Geschäftsführung unzufrieden sind, oder
  • der Insolvenzverwalter, der auf der Suche nach Insolvenzmasse Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer geltend machen will.
Gute-Gruende-freiwilliger-JAP-2024-04-1200x765

Die rechtliche Grundlage für die Innenhaftung des Geschäftsführers ist in § 43 Abs. 1 GmbHG zu finden. Gemäß dieser Bestimmung sind Geschäftsführer dazu verpflichtet, bei der Führung der Geschäfte die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Dies wirft die Frage auf, was einen ordentlichen Geschäftsmann ausmacht.

Ein ordentlicher Geschäftsmann hat mehrere wesentliche Aufgaben und Pflichten:

  • Zunächst ist es essenziell, dass der Geschäftsführer die geltenden Gesetze einhält. Dazu zählt insbesondere die Befolgung des GmbHG. Darüber hinaus sind externe Gesetze wie das GWB, das UWG und das gesamte Steuerrecht zu befolgen.
  • Des Weiteren ist die Kapitalerhaltung gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG ein wesentlicher Aspekt der Tätigkeit des Geschäftsmanns. Erfolgt keine Beachtung dieser Pflicht und werden stattdessen verdeckte oder offene Leistungen an die Gesellschafter erbracht, die zu Lasten des Kapitals der Gesellschaft erfolgen, so haftet der Geschäftsführer insbesondere in der Insolvenz der Gesellschaft auf Erstattung dieser Beträge.
  • Außerdem ist der Geschäftsführer gemäß §§ 238 ff. HGB zur ordnungsgemäßen Buchführung Ferner ist bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eine rechtzeitige Insolvenzanmeldung durch den Geschäftsführer erforderlich.
  • Einhaltung der Satzung und Geschäftsordnung: Der Geschäftsführer hat die Satzung und Geschäftsordnung der Gesellschaft zu befolgen, einschließlich etwaiger Schranken der Geschäftsführungsbefugnis und Zustimmungsvorbehalte.
  • Einhaltung des Anstellungsvertrags: Dies umfasst beispielsweise die Beachtung bestimmter Wertgrenzen.
  • Befolgung von Weisungen der Gesellschafter: Selbst wenn diese dem Geschäftsführer sachlich verfehlt erscheinen, ist der Geschäftsführer dazu verpflichtet, Weisungen der Gesellschafter zu befolgen, wobei er jedoch das Recht hat, Gegenvorstellungen zu erheben.
  • Regelmäßige Kontrolle der Liquidität und Finanzlage: Der Geschäftsführer hat die Pflicht, die Liquidität und Finanzlage der Gesellschaft regelmäßig zu kontrollieren und rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sofern die Gesellschaft in eine wirtschaftliche Schieflage gerät.
  • Sorgfältige Vorbereitung geschäftlicher Entscheidungen: Er ist dazu angehalten, geschäftliche und unternehmerische Entscheidungen sorgfältig vorzubereiten und übergroße Risiken zu vermeiden. Die laufende Risikobeobachtung gemäß § 91 Abs. 2 AktG, der auch auf GmbHs ausstrahlt, ist dabei obligatorisch. Bei Risikoentscheidungen ist es ratsam, Sachverständige hinzuzuziehen, ein Controllingsystem zu nutzen und unnötige Risiken zu minimieren.
  • Zudem ist es essenziell, Konflikte zwischen den Interessen der GmbH und den Eigeninteressen des GF zu vermeiden.

Außenhaftung des GmbH-Geschäftsführers

Die Außenhaftung eines GmbH-Geschäftsführers kann theoretisch unbegrenzt sein. Für diesen Beitrag konzentrieren wir uns auf die Haftung für Steuern.

Die Rechtsgrundlage der Haftung im Steuerrecht ist § 69 AO. Haftung bedeutet, dass der Geschäftsführer für die Steuerschulden der GmbH einstehen muss. Zwischen der GmbH als Schuldner und dem Geschäftsführer als Haftendem besteht eine Gesamtschuldnerschaft.

Der Finanzverwaltung steht ein Auswahl- und Erschließungsermessen zu, ob sie jemanden in Haftung nimmt und, sofern mehrere Personen als Haftungsschuldner zur Auswahl stehen, wen bzw. in welcher Höhe sie diesen heranzieht. Haftungsschuldner nach § 69 AO ist der GmbH-Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter der GmbH (§ 34 AO i.V.m. § 35 GmbHG). Gegenstand der Haftung sind nicht nur Steuern, sondern alle Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 37 AO. 

Ob dieser „Geschäftsführer” tatsächlich die Geschicke der Gesellschaft verantwortlich lenkt, spielt für die Haftung keine Rolle. Geschäftsführer im Sinne der Haftungsvorschriften ist, wer im Handelsregister als Geschäftsführer eingetragen ist. Somit haftet auch ein Strohmann, der sich für den wahren Hintermann einspannen lässt. Eine Haftung des faktischen Geschäftsführers als Hintermann ist zwar auch möglich, aber für die Finanzverwaltung schwierig umzusetzen.

iStock-1163537945
Eine typische Situation für eine Haftungsinanspruchnahme sieht wie folgt aus: Es gibt Liquiditätsengpässe in der GmbH. Der Geschäftsführer hofft die Krise meistern zu können und verwendet die verfügbaren Mittel, um Lieferanten und Angestellte zu bezahlen. Das Finanzamt geht hingegen leer aus und wendet sich sodann an den Geschäftsführer, um ihn als Haftungsschuldner heranzuziehen. Auch in der Krise gilt der Grundsatz der anteiligen Tilgung. Der Fiskus ist im gleichen Verhältnis wie alle anderen Gläubiger zu befriedigen. Es ist eine allgemeine Tilgungsquote zu ermitteln, nach der alle Gläubiger gleich behandelt werden. Dies gilt jedoch nur für Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer. Die Lohnsteuer ist Teil des Arbeitslohns und dem Arbeitgeber nur zur treuhänderischen Weitergabe an die Steuerbehörden zugewiesen. Reicht das Geld hier nicht aus, müssen die Löhne so weit gekürzt werden, dass die auf der geringeren Basis berechnete Lohnsteuer von der GmbH entrichtet werden kann.

Strategien zur Reduktion des Haftungsrisikos

Ein vollständiger Haftungsausschluss für GmbH-Geschäftsführer ist nicht möglich. Dennoch gibt es verschiedene Maßnahmen, die das Haftungsrisiko erheblich reduzieren können.

D&O-Versicherung

Eine wichtige versicherungsrechtliche Möglichkeit zur Haftungsreduzierung ist der Abschluss einer D&O-Versicherung („Directors and Officers Liability Insurance“). Diese Vermögenshaftpflichtversicherung schützt den Geschäftsführer gegen die finanziellen Folgen einer Pflichtverletzung. Sie deckt insbesondere Schadensersatzansprüche ab, die aufgrund von Fehlentscheidungen oder Pflichtverletzungen gegen den Geschäftsführer geltend gemacht werden.

Korrektes Eigenverhalten und Compliance-System

Ein korrektes Eigenverhalten des Geschäftsführers und die Einrichtung eines funktionierenden Compliance-Systems sind entscheidend. Ein solches System ermöglicht eine betriebsinterne Überwachung und hilft, Regelverstöße frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Dies trägt maßgeblich dazu bei, das Haftungsrisiko zu minimieren.

Freistellung durch die Gesellschaft

Gegenüber der Gesellschaft kann unter Umständen eine Freistellung erfolgen. Ein gesetzlicher Freistellungsanspruch gegen die eigene Gesellschaft kann dem Geschäftsführer analog § 670 BGB zustehen, wenn er in Ausübung seiner Amtstätigkeit einen Haftungstatbestand gegenüber Dritten verwirklicht hat, ohne dabei seine Organpflichten zu verletzen. Bei einer gesamtschuldnerischen Haftung von Gesellschaft und Geschäftsführer gegenüber einem Dritten kommt ein Befreiungsanspruch des nicht pflichtwidrig handelnden Organwalters nach § 426 BGB in Betracht. Denkbar ist zudem ein vertraglicher Freistellungsanspruch des Geschäftsführers aus § 280 BGB, wenn die Gesellschaft entgegen einer Versicherungsverschaffungsklausel nicht für ausreichenden D&O-Versicherungsschutz gesorgt hat und es zu einem Schaden kam, der hiervon gedeckt gewesen wäre.

Ressortaufteilung

Eine weitere Möglichkeit zur Haftungsreduzierung ist die Ressortaufteilung. Grundsätzlich gilt nach § 35 GmbHG der Grundsatz der Gesamtverantwortung. Eine Ressortaufteilung führt dazu, dass der Ressortverantwortliche voll für seinen Geschäftsbereich einzustehen hat. Werden die Geschäftsaufgaben wirksam zwischen den einzelnen Geschäftsführern aufgeteilt, führt dies zunächst dazu, dass jeder Geschäftsführer primär für den ihm zugeordneten Bereich verantwortlich ist (Ressortverantwortung). Neben dem ihnen zugeordneten Bereich bleiben die Geschäftsführer aber auch für diejenigen Bereiche, die Mitgeschäftsführern zugeordnet wurden, verantwortlich. Hier wandelt sich der Inhalt ihrer Pflicht von einer Tätigkeits- hin zu einer Überwachungs- und Eingriffspflicht. Die Haftung wird somit begrenzt, aber nicht gänzlich aufgehoben.

In der Unternehmenskrise ist jeder Geschäftsführer auch für die Steuerangelegenheiten zuständig. Dulden die anderen Geschäftsführer ein pflichtwidriges Verhalten, handeln sie ebenfalls pflichtwidrig und sind für die daraus resultierenden Schäden verantwortlich.

Vertragliche Haftungsbeschränkungen

Auch eine vertragliche anfängliche Haftungsbeschränkung kann zur Haftungsreduzierung beitragen. Es könnte beispielsweise ein höherer Verschuldungsgrad, eine betragsmäßige und gegenständliche Haftungsbeschränkung oder kürzere Verjährungsfristen vereinbart werden. Die Haftung wird somit begrenzt, aber nicht vollständig aufgehoben.

Fazit

Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers ist ein komplexes und vielschichtiges Thema, das sowohl die Innen- als auch die Außenhaftung umfasst. Während die Innenhaftung vor allem Schadensersatzansprüche der Gesellschaft betrifft, steht bei der Außenhaftung die Verantwortung gegenüber Dritten, insbesondere dem Finanzamt, im Vordergrund. Geschäftsführer müssen eine Vielzahl von Pflichten beachten, um Haftungsrisiken zu minimieren. Dazu gehören die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, sorgfältige Geschäftsführung und die Einrichtung eines effektiven Compliance-Systems.

Versicherungsrechtliche Instrumente wie die D&O-Versicherung bieten zusätzlichen Schutz, während interne Maßnahmen wie Ressortaufteilungen und vertragliche Haftungsbeschränkungen das Risiko weiter reduzieren können. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann es jedoch zu Haftungsansprüchen kommen.

Sollten Sie als Geschäftsführer mit einem Haftungsbescheid vom Finanzamt konfrontiert werden, zögern Sie nicht, uns anzusprechen. Ein fundierter rechtlicher Beistand kann Ihnen helfen, Ihre Rechte zu wahren und mögliche Haftungsrisiken zu minimieren.

WIE KÖNNEN WIR SIE UNTERSTÜTZEN?

Lernen Sie uns kennen,
zum Beispiel in einem kurzen kostenlosen Videocall

Termin vereinbaren
Telefon:
+49 (0) 211 / 301 25-0
Thomas Kost
Thomas Kost
Rechtsanwalt, Steuerberater